Europa, die Tochter des phönizischen Königs Agenor hütete die Herden ihres Vaters, als Zeus ihr in Gestalt eines Stieres erschien und sie auf seinem Rücken über das Mittelmeer entführte. Er zeugte mit ihr auf Kreta die Söhne Minos und Rhadamanthys. Asterion, der König der Insel, erzog die beiden Knaben und vererbte Minos sein Reich. Minos wurde von seinem Vater Zeus weise beraten und dehnte sein Reich weit über das Ägäische Meer aus.
Eines Tages bat Minos seinen Onkel Poseidon, den Herrscher der Meere, ihm sein Thronrecht durch ein Geschenk zu bestätigen, auch zur Abschreckung möglicher Thronanwärter, wie seinem Bruder. Minos war ja nur ein Adoptivsohn von Asterion. Minos versprach alles, was Poseidon ihm aus dem Meer schicken würde, ihm zu opfern. Poseidon liess anschliessend einen wunderschönen, weissen Stier aus dem Meer emporsteigen. Aber Minos dachte nicht daran diesen Prachtstier zu opfern, sondern führte einen Stier aus seiner eigenen Herde zum Altar. Poseidon bemerkte den Betrug und zur Strafe verwünschte er die Frau von Minos, Pasiphae (Tochter des Sonnengottes Helios). Sie liess sich von Daedalus, einem brillanten Erfinder, Techniker und Baumeister, der im Dienste Minos stand, ein hölzernes Gestell bauen, das mit Kuhhaut verkleidet war. Darin versteckte sie sich und zeugte mit dem Stier das menschenfressende Ungeheuer Minotaurus, einen Bastard von menschlicher Gestalt und einem Stierkopf.
Minos wollte das Tierwesen töten, war es doch auch ein Zeuge des Fehltritts seiner Gattin. Doch auf Bitten seiner Tochter Ariadne liess er das Wesen am Leben. Er verbannte es aber in ein Gefängnis in Form eines Labyrinths, welches der Baumeister Daedalus errichtete.
Als Minos die Nachricht erhalten hatte, sein Sohn Androgeos sei durch Zutun des Königs Aigeus von Athen ums Leben gekommen, brach er zu einem Rachefeldzug gegen Athen auf. Minos konnte mit Hilfe seines Vaters Zeus die Athener besiegen. Diesen erlegte er einen grausamen Tribut auf: Alle neun Jahre mussten sie sieben Jungfrauen und sieben Jünglinge nach Kreta senden, wo sie als Opfer des Minotaurus in das Labyrinth geschickt wurden.
Als zum dritten Mal der furchtbare Tribut seiner Vaterstadt an König Minos entrichtet werden sollte, zog Theseus, der Sohn des Aigeus, mit den athenischen Jünglingen und Jungfrauen nach Kreta, um seine Heimat von dieser Schande zu befreien. Die Götter standen ihm bei. Aphrodite, die Göttin der Liebe, Schönheit und Begierde, half dem Helden, indem sie ihm einen leuchtenden, goldenen Kranz schenkte und Ariadne (die Tochter des Minos) in leidenschaftlicher Liebe zu Theseus entflammen liess, kaum hatte dieser die Insel Kreta betreten. Um Theseus zu helfen, gab Ariadne ihm einen Woll-knäuel und ein Schwert als Waffe. Damit drang er in die düsteren Irrgärten ein, den Faden hinter sich abwickelnd, um später mit dessen Hilfe den Rückweg zu finden. Der Kranz der Aphrodite leuchtete ihm den Weg und so gelang es ihm den Minotaurus zu töten. Er floh mit Ariadne sowie den Jungfrauen und den Jünglingen, nachdem er die Böden der kretischen Schiffe eingeschlagen hatte.
Als Minos von der erfolgreichen Flucht seiner Tochter Ariadne und Theseus erfuhr, liess er Daedalus, den Baumeister des Labyrinths, und dessen Sohn Ikarus in das Labyrinth sperren. Man erzählte sich nämlich, Daedalus habe Ariadne den Hinweis mit dem Wollknäuel, dem Ariadnefaden, gegeben. Daedalus fertigte in der Folge Flügel aus Federn an, die er mit Wachs an seinen Schultern und denen seines Sohnes befestigte. Beide entkamen fliegend, doch da sich Ikarus, trotz Warnung seines Vaters, im Fluge zu sehr der Sonne näherte, schmolz das Wachs, die Schwingen lösten sich und er stürzte in die See.
Ariadne hatte Minotaurus einst das Leben gerettet, sie hat es ihm auch wieder genommen. Theseus verliess Ariadne treulos auf der Insel Naxos und segelte alleine zurück nach Athen, wo er König wurde.
Literatur:
Peterich, Eckart. Götter und Helden der Griechen. Fischer Bücherei, Frankfurt a.M. und Hamburg, 1958
https://de.wikipedia.org/wiki/Minotauros
Marco Obrist. Fondation Pierre Gianadda. Hans Erni, Rétrospective. 28. Novembre 1998 bis 28. Février 1999, p. 85ff
Reisenden wird heute nur der Palast von Knossos gezeigt, den Sir Arthur Evans zu Beginn des 20. Jahrhundert mit reichlich viel Phantasie wieder aufgebaut hat. Sir Arthur Evans glaubte in den engen Gängen des Palastes das Labyrinth des Minotaurus zu erkennen. Dies würde jedoch bedeuten, dass der König die gefährliche Bestie in seinen eigenen Gemächern gefangen gehalten hätte.
Sir Nicholas Howarth und die Hellenic Speleological Society machten sich auf die Suche nach der wahren Wohnstätte des Ungeheuers, resp. nach dem Ort, der die Legende inspiriert hatte. Laut Spiegel, 9. November 2009, fand Nicholas Howarth in der Bodleian Library in Oxford eine Karte der Insel Kreta aus dem Jahre 1688. Auf dieser entdeckte Howarth eine kleine runde Skizze, als Laberinto bezeichnet. Der Ort liegt ca. 30 Kilometer vom Palast von Knossos entfernt in den Bergen, nahe der Stadt Gortyn. Hier, unter dem Steinbruch aus römischer Zeit, fand Howarth ein weitläufiges Gewirr von Tunneln und Höhlen, von den Einheimischen immer noch Labyrinthos genannt. Die insgesamt zweieinhalb Kilometer messenden kurvigen Gänge stossen in unregel-mässigen Winkeln aufeinander und enden vielerorts in Sackgassen. Sie sind stock-dunkel und so unübersichtlich, dass man sich sehr leicht verirren kann. Die Höhlen wurden rege besucht, die Besucher hinterliessen zum Teil Name und Datum des Besuchs auf den Wänden. Der früheste Eintrag stammt aus dem Jahre 1444, der letzte aus dem späten 19. Jahrhundert. In jüngerer Zeit barg das Tunnelsystem des Labyrinths eine sehr reale Gefahr: Im Eingangsbereich lagerte deutsche Munition aus dem Zweiten Weltkrieg.
Eine Frage ist noch heute offen: Wieso wurde das Tunnelsystem von Gortyn überhaupt erbaut? Laut Howarth diente es in römischer Zeit als Steinbruch. Ob die Gänge noch älter sind müsste eine genaue archäologische Untersuchung klären. Aus römischer Zeit stammen auch die ersten Hinweise auf eine Verbindung des Labyrinths mit der Legende des Minotaurus.
Literatur:
In der Antike war die Darstellung des Minotaurus sehr beliebt, aber auch in den folgenden Jahrhunderten inspirierte das Motiv diverse Künstler. Das Wesen mit einem Stierkopf und einem menschlichen Körper war schon immer das Symbol für animalisch-männliche Kraft, aber auch für das Gefangensein in sich selbst. Es braucht seine Opfer um zu überleben.
Nachfolgend aufgeführt werden nur einige Beispiele aus verschiedenen Epochen:
Meister von Cassoni (ca. 1460 – 1480): Darstellung der Geschichte von Theseus, von seiner Ankunft bis zum Töten des Minotaurus.
Giuseppe Cammarano (1776 Sciacca – Neapel 1850): Wandmalerei von Theseus und Minotaurus, 1824, im Königspalast von Caserta (Liste des UNESCO Weltkulturerbes, 1997), Italien.
Etienne Jules Ramey (1796 Paris 1852): Theseus und der Minotaurus, 1821. Skulptur im Garten der Tuillerien (Liste des UNESCO Weltkulturerbes, 1991), Ile-de-France, Paris.
Gustave Dore (1832 Strassburg – Paris 1883): Minotaurus liegt vor der Hölle von Dante (erster Teil von Dante Alighieris Göttlicher Komödie), 1861. Holzstich.
Thomas Nast (1840 Landau – Guayaquil/Ecuador 1902): The Russian Cossack Carrying Off The Bride Of Civilization – Liberty, 1879. Die russische Regierung wird als Monster dargestellt, welches die Freiheit - in der Form einer Frau -, entführt.
François Auguste René Rodin (1840 Paris – Meudon 1917): Minotaurus belästigt eine Nymphe. Bronze. Rodin Museum, Paris.
Francois-Leon Sicard (1862 Tours – Paris 1934): Theseus und Minotaurus (1926), Archibald Springbrunnen im Hyde Park, Sydney.
Pablo Picasso (1881 Malaga – Mougins 1973): Für die Zeitschrift der Surrealisten – Minotaure – entwarf Picasso eine Collage für die Titelseite der ersten Ausgabe, 1933;
Minotauromachie, 1935. Grafisches Werk. Picasso versuchte sich mit der mythischen Gestalt des Minotaurus zu identifizieren, so findet sich die Figur bei Picasso öfters.
Paul Klee (1879 Münchenbuchsee – Muralto 1940): Nach einem Besuch von Pablo Picasso in Bern, schuf Klee einige Zeichnungen als Parodien auf Picassos Minotaurus-Darstellungen. Bei Klee wurde aus dem gewalttätigen Stier ein Urch, ein eher friedliches, schwerfälliges Wesen (Urch ist zusammengesetzt aus Ur und Ochse)
Max Ernst (1891 Brühl – Paris 1976): Capricorn, 1948. Im Mittelpunkt des Werks steht eine Minotaurus ähnliche Figur.
Friedrich Dürrenmatt (1921 Konolfingen – Neuenburg 1990): Minotaurus. Eine Ballade mit Zeichnungen des Autors, Diogenes Verlag 1985.
Salvador Dali (1904 Figueres 1989): Minotaurus, 1988. Bronze.
Sophie Ryder (*1963 London): Torso von Minotaurus und eines Hasen, resp. sitzende Grossfiiguren. Installation mit riesigen Skulpturen vor der Salisbury Kathedrale, 2016.
Hans Erni hat dem Minotaurus ab 1940 seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Schicksalsergeben scheint der Minotaurus seine missliche Lage zu akzeptieren. Trotz seiner wuchtigen Körperlichkeit und Grösse erscheint er nicht bedrohlich.
Minotaurus mit Frau, 1951
Erni sieht den Minotaurus nicht nur als abscheuliches Monster, als Symbol der Grau-samkeit und der brutalen Gewalt, sondern er sieht ihn auch als Opfer. In der Zeichnung Minotaurus mit Frau, 1951, hält er eine junge Frau – eine seiner Opfergaben – liebevoll in seinen Armen und tanzt mit ihr. Minotaurus scheint bei Erni auch liebenswert zu sein, so dass sich die ihm zum Opfer gebrachten Mädchen völlig ergeben.
Der Kampf um Leben und Tod zwischen Theseus und Minotaurus erscheint in einem Werk von Erni fast wie ein Tanz.
Der Sieg Theseus stellt den Sieg des Geistes über die unvernünftige Natur dar. Theseus seinerseits ist nicht der mächtige Held, sondern auch er bedarf der Hilfe Dritter. Ohne den Fadenknäuel der Königstochter Ariadne hätte auch er den Weg aus dem Labyrinth nicht gefunden.
Von der Bronzeskulptur des Minotaurus, Höhe 212 cm (1998/99) steht heute je ein Exemplar im Garten des Erni Museums in Luzern, in Ernis Ferienhaus in Frankreich, auf einem Kreisel in Montreux und auf einem Kreisel in Sursee. Er sitzt in Gedanken versunken da, stolz und ruhig, nicht bedrohlich.
Die polnisch-amerikanische Künstlerin Agata Olek (*1978 in Polen) hat fleissig gestrickt und als Happening während dem PALP (Place à la Place) Festival 2012 die Plastik des Minotaurus in Martigny mit einer bunten Wollhülle versehen. Die Kunst-aktion war aber sehr kurzlebig, schon am gleichen Abend sass die Skulptur wieder ohne ihr Wollkleid da.
Literatur:
John Matheson. Hans Erni. Das zeichnerische Werk und öffentliche Arbeiten. Buchclub Ex Libris Zürich 1983
https://agossweiler.wordpress.com/2012/08/04/hans-erni-minotaurus-agata-olek-martigny-palp/
http://www.flickriver.com/photos/tags/sophieryder/interesting/
Biografie von Hans Erni
(1909 Luzern 2015)
Im nachfolgenden Lebenslauf von Hans Erni sind seine Auszeichnungen, Reisen und Arbeiten nur exemplarisch aufgeführt. Bei den Werken ist möglichst ein Werk jeder Technik erwähnt, bei Themen der Mythologie hingegen mehrere.
1909 | Hans Erni wächst als drittes Kind eines Schiffsmaschinisten und einer Bauerntochter in Luzern auf mit drei Brüdern und vier Schwestern. Lehre als Vermessungstechniker |
1924 – 27 | Lehre als Bauzeichner. Hier lag wohl der Grundstein für die Liebe Ernis zur Geometrie. In fast all seinen späteren Werken lässt sich diese technische Welt nachweisen. |
1927/28 | Besuch der Kunstgewerbeschule Luzern. |
1928/29 | Reise nach Paris und Sieger des Jahreswettbewerbs der Académie Julian. Reise nach Berlin. Besuch der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst. Kurse an der Volkshochschule und an der Universität bei Prof. Heinrich Wölfflin (1864 Winterthur – Zürich 1945; 1924 Berufung nach Zürich). |
1930 – 33 | Aufenthalte in Luzern und Paris. Arbeit unter dem Pseudonym François Grèques. Mit dem Pseudonym gestand der Maler seine innere Unsicher-heit und gleichzeitig seine Verehrung der französischen und griechischen Kultur ein. In Paris Beitritt zur Gruppe Abstraction – Création. Bekanntschaft mit den Künstlern: Arp, Brancusi, Calder, Gabo, Kandinsky, Mondrian und Moore. In den Bildern dieser Zeit ist der Einfluss von Picasso und Braque zu sehen. Fresken für den Sportclub und die Bethlehem Bar in Luzern. Eine lebensgrosse Muttergottes-Statue für das Marienheim Luzern, die einzige Holzbildhauerarbeit Ernis. |
1935 | Mitgliedschaft im Schweizerischen Werkbund. Erster Preis für das Fresko Die drei Luzerner Grazien im Bahnhof Luzern. Das Fresko wurde beim Brand des Bahnhofs 1971 beschädigt, abgelöst und restauriert. |
30er Jahre | Hans Erni fand bereits seinen eigenen Weg. In einer Synthese von Figuration und Abstraktion entwickelte er in einem illustrativen Kontur-geflecht auf einem raumlosen Farbhintergrund seinen unverwechsel-baren Stil, den er bis zu seinem Tode beibehielt. Die Zurschaustellung privater Welten waren ihm fremd. |
1936 | Reisen nach Belgien, Italien und London. Aufgrund der ersten öffentlichen Wandbildaufträge setzte sich Hans Erni mit der abstrakten Malerei auseinander. |
1937 | Mitbegründer der Gruppe abstrakter Schweizer Künstler Allianz, neben Richard Paul Lohse (1902 Zürich 1988; Hauptvertreter der konkreten und konstruktiven Kunst) und dem langjährigen Präsidenten der Gruppe, Leo Leuppi (1893 Zürich 1972; Vertreter der Zürcher Schule der Konkreten). |
1939 | Die Schweiz, das Ferienland der Völker: Monumentalwandbild (5 x 100 Meter, zwölfteilig) für die Schweizerische Landesausstellung. Erni erlangte Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit. |
1940 – 45 | Aktivdienst als Motorfahrer und Tarnungsmaler von Militärdepots, später wurde er umgeteilt zum Munitionsnachschub. Der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg brachten Hans Erni zum Marxismus. Er führte intensive Gespräche mit seinem Freund Konrad Farner (1903 Luzern – Zürich 1974; bedeutender marxistischer Ideologe und Kunstkritiker). Die offizielle Schweiz betrachtete Erni als Landesverräter. Erni wandte sich zwar unter dem Eindruck von Stalins Schreckensherrschaft vom Marxis-mus ab, setzte sich aber weiterhin für die Anliegen der Linken ein. Fast 20 Jahre boykottierte die Schweiz Erni und nur dank Aufträgen aus den USA überlebte er. |
Um 1940 | Erstmalige Auseinandersetzung mit der Sage des Minotaurus (Marco Obrist. Fondation Pierre Gianadda. Hans Erni, Rétrospective. 28. Novem-bre 1998 bis 28. Février 1999, p. 85ff), mit dem Stierwesen, dem Labyrinth, Daedalus und Ikarus (das Fliegen war um 1940 noch etwas Spezielles), Theseus etc. |
Ab 1940 | Künstlerisch entwickelte sich Erni nur noch wenig. Sein typischer Stil war virtuos, gleichzeitig manchen Kritikern allzu gefällig und dekorativ. |
1941 | Zum ersten Mal die Auszeichnung Schweizer Plakat des Jahres erhalten, viele weitere Prämierungen folgten. |
Ab 1941 | Hans Erni wurde immer wieder mit der Aufgabe betreut bibliophile Bücher mit Lithografien oder Radierungen zu illustrieren. Nach Werken griechischer und römischer Literatur folgten Schriften naturwissenschaft-lichen Inhalts und dann zeitgenössische Autoren. Gesamthaft illustrierte er ca. 200 Bücher. |
1944 | Aufgrund eines Wettbewerbs erhielt Hans Erni, zusammen mit Victor Surbek (1885 Zäziwil – Bern 1975) den Auftrag für einen Entwurf der vierten Banknotenserie, die aber aufgrund politischer Intervention von der Nationalbank nie in Umlauf kam. Hans Erni galt als Kommunist, ob-wohl er nie einer Partei angehörte. |
1946 | Heirat mit Gertrud Bohnerts (1908 - 1948). Sie war Porzellanmalerin, Glas- und Kristallgraveurin und stellte Glasskulpturen her. Nach vielen Wandbildaufträgen in der Schweiz erhielt Erni den Auftrag für das Wandbild Schöpferische Kraft für die Ausstellung Die Schweiz plant und baut im Royal Institute of British Architects in London. Brevet als Sportflieger. Entwurf von Bühnenbild und Kostüme für die Aufführung Prometheus von Aeschilos im römischen Amphitheater in Avenches. Bekanntschaft mit Pablo Picasso am Friedenskongress in Breslau. Geburt der Tochter Simone, die später auch Künstlerin wird. |
1947 | Für die internationale Ausstellung Bauen und Wohnen im Grand Palais in Paris stellte Hans Erni acht grosse Wandbilder her. |
1948 | Bei einem Reitunfall starb seine Frau Gertrud Erni-Bohnerts. |
1949 | Briefmarke Pro Aero 1949 – Dynamik des Fluges für die PTT. Heirat mit der 18 Jahre jüngeren Sekretärin Doris Kessler. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor. |
1949/50 | Verschiedene Wandbilder für Ausstellungen der UNESCO und der Welt-gesundheitsorganisation WHO. |
1950 | Erste Keramiken entstanden. Die frühesten Schalen, Teller und Vasen aus rotem Ton waren fein ausgedreht und mit einem Messer eingekratzt. Sie erinnern an griechische Keramiken. In ihrer Feinheit sind sie fast mit Porzellan vergleichbar. Seine späteren Keramiken wurden dickwandiger, mit dem Pinsel farbig bemalt oder mit einem Stichel eingekerbt. Atelier in Paris (bis Ende der Neunzigerjahre). |
1950/51 | Studienreise nach Mauretanien und Guinea, mit Prof. Jean Gabus, dem Direktor des Ethnographischen Museums Neuenburg. Nach der Rückkehr Arbeit an afrikanischen Sujets. |
1952 | Erster Preis für Malerei an der Biennale della Gente di Mare in Rimini. |
1953 | Mitgliedschaft bei der Europäischen Gesellschaft für Kultur in Venedig. Mitarbeit am Film von Herbert Seggelke (1905 Hannover – Düsseldorf 1990; deutscher Herausgeber, Filmregisseur, -produzent, Drehbuchautor und Kameramann): Eine Melodie – vier Maler (Nay, Severini, Cocteau und Erni). Malerische Eindrücke der Melodie Polonaise de la Suite française von J.S.Bach. |
1957 | Reise nach Indien. Daedalus und Ikarus, Wandbild für das Verkehrsbüro der Swissair in Bombay. |
1958 | Künstlerischer Leiter und Illustrator einer zehn Bände umfassenden Enzyklopädie für Aldus Books, Ltd., London, und Doubleday Inc., New York (1958-1964). In den 60er Jahren wuchs die Akzeptanz beim breiten Publikum und internationalen Auftraggebern und gleichzeitig blieb eine anhaltende Verachtung der Kunstkritiker. |
1963 | Zwei Glaswände mit Gravuren Tag und Nacht und Für eine menschliche Zukunft für den Schweizerischen Bankverein, Genf. |
1964 | Mosaik Ut omnia exsolvantur für das Gebäude der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft, Bern. Teilnahme an der documenta II in Kassel in der Abteilung Grafik. |
1965 | Studienreise nach Senegal. Bronze-Skulptur Kybernetes, der Raum und das Meer für die Rolex-Foun-dation, Genf. |
1966 | Studienreise nach Israel. |
1967 | Kompositionen auf Kupfer zum Thema Candide von Voltaire für die 84 Eingänge der Cité Lignon, Genf. Sgraffito Daedalus und Sonnenbahn im Swissair-Luftreisebüro in Zürich. (1992 beim Auszug der Swissair zerstört). |
1968 | Keramikwandbild Pegasus für die Ecole Primaire Bel Air in La Tour-de-Peilz. Kunstpreis der Stadt Luzern. |
1969 | Aluminium-Relief Poseidon für das städtische Hallenbad in Luzern. Erste Entwürfe für Tapisserien. |
1969 - 76 | Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission. |
1970 | Gallionsfigur Föhn für die MS Gotthard der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee. |
1971 | Reliefwandbild aus Beton: Urnatur und Menschenwerk, für das Gebäude der Téléverbier-Talstation Médran in Verbier. |
1972 | Metallwandbild Prometheus für die Städtischen Werke, Luzern. |
1973 | Goldmedaille als Künstlerpreis vom Verband Schweizer Sportjournalisten im Rahmen der Auszeichnung für sportliche Verdienste. |
1977 | Gründung der Hans Erni Stiftung. |
1979 | Eröffnung des Hans Erni-Museums im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern mit ca. 300 Werken. Das Museum wurde vom Genfer Architekten Jean-Marie Ellenberger (1913 Genf 1988; Genfer Flughafen. Gewinner des Europäischen Stahlbaupreises) entworfen. Es ist ein sechseckiges, mehr-geschossiges Gebäude. Die Schweizer Museen boykottierten Hans Erni und seine Werke. 1. Porträt-Briefmarken-Serie Wahlschweizer mit Rainer Maria Rilke, Paul Klee, Hermann Hesse und Thomas Mann für die PTT, Bern (1990 zweite Serie). |
1980 | Vortrag Maler, Zeitgenosse, Eidgenosse an der Universität Bern im Rahmen des Collegium Generale. |
1981 | Vermehrtes Arbeiten im Atelier in St. Paul-de-Vence, Südfrankreich. |
1982 | Erhält In Paris Erhalt des Grand Prix Europe Arts plastiques von der Fondation Internationale pour le Rayonnement des Arts et Lettres, Genf. |
1983 | UNO-Friedensmedaille, übergeben vom UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar in New York. |
1984 | Ernst - Film Portrait Hans Erni anlässlich des 75. Geburtstags des Künstlers, von Ernst Scheidegger (1923 Rorschach – Zürich 2016; Fotograf, Cineast, Maler und Verleger). Ehrennadel der Stadt Luzern. |
1985 | Studienreise nach China auf Einladung des Ministeriums für Kultur der Volksrepublik China, Begegnung mit chinesischen Künstlern. Auswertung der chinesischen Impressionen. |
1986 | Ehrengast an der IX Bienal Internacional del Deporte en las Bellas Artes, Barcelona. Reise nach Japan und Korea im Auftrag der Organisatoren der Olympi-schen Spiele in Seoul 1988 zum Studium eines Skulpturenparks und Kunstzentrums. |
1987 | In Paris erhielt die PTT für die von Hans Erni entworfenen Europamarken zum Umweltjahr Erde und Vegetation und Luft und Wasser die Auszeichnung als beste Marken des Jahres 1986. „Hexaphoneia" kammermusikalische Komposition von Antal Dorati (1906 Budapest – Gerzensee 1988; Dirigent und Komponist) zu sechs Gedichten von Hans Erni. |
1989 | Erhalt des Academy’s Award Sports Artist of the Year durch die United States Sports Academy in Daphne, Alabama. Weinetikette für Château Mouton Rothschild, Jahrgang 1987. |
1992 | Erhalt einer Goldmedaille für sein künstlerisches Gesamtwerk von IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch (1920 Barcelona 2010; Sportminister unter Francisco Franco; 1980 – 2001 siebter Präsident des IOC) in Barcelona. |
1995 | Ehrengast an der XI Bienal Internacional del Deporte en las Bellas Artes, Madrid. Erhalt einer Ehrenmedaille für sein Lebenswerk, überreicht von Königin Sofia von Spanien. |
1997 | Die Stiftung für besondere Leistungen im Umweltschutz, Luzern, ernennt Hans Erni zum Preisträger 1997. |
1998/99 | Bronzeskulptur des Minotaurus, Höhe 212 cm. Heute steht je ein Exemp-lar im Garten des Erni Museums, in Ernis Ferienhaus in Frankreich, auf einem Kreisel in Montreux und auf einem Kreisel in Sursee. |
2004 | Hans Erni wurde Ehrenbürger der Stadt Luzern. |
2005 | Erhalt der Ehrenmedaille (Medaille de la Cité) von St. Paul-de-Vence für sein Lebenswerk. |
2008 | La jeune fille et le Minotaure. Monumentale Keramik an einer Hauswand in Martigny. |
2009 | Hans Erni erhielt den Lifetime-Award in Anerkennung seines Lebens-werks. Bis zu seinem 100. Geburtstag arbeitete Hans Erni täglich in sei-nem Atelier. In Luzern Filmpremiere Hans Erni - un peintre dans le siècle von RaphaëlBlanc (1990 gründete R. Blanc die Artemis Films Productions).Blanc, |
2012 | Die Hans Erni-Stiftung verlieh zum ersten Mal den Hans Erni-Preis. |
2015 | Hans Erni starb im Alter von 106 Jahren. |
2016 | Posthum wurde der Hans Erni Quai in Luzern eröffnet. |
Von den geistesgeschichtlichen und technischen Errungenschaften des Menschen tief beeindruckt war die Beziehung von Natur, Mensch und Kultur in ihren Spiegelungen in Sport, Technik, Mythos und Geistesgeschichte stets ein zentrales Thema von Hans Erni.
Seine Botschaften wurden leicht verstanden, ohne dass Interpretationshilfen notwendig waren. Er setzte sich u.a. ein für den Frieden, für die Natur, für das Frauenstimmrecht, für die AHV, gegen die atomare Aufrüstung und gegen die Klimaerwärmung. Auch die wachsende Bedrohung der noch unbewältigten Entsorgung des Abfalls beunruhigte Erni mehr und mehr. Der Maler beschäftigte sich warnend mit der fortschreitenden Verfremdung des Menschen in der Technik. Schon früh erkannte er die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur, er war Botschafter der Nachhaltigkeit und der globalen Solidarität, zu einer Zeit, als noch keiner davon sprach.
Nach Erni durfte die Kunst, neben aller Nützlichkeit, durchaus auch einfach nur erfreuen. Hier lag wohl für manche Kunstkritiker das Problem bei der Einschätzung von Ernis Werk. Für den Grossteil der Betrachter beruhte aber Ernis Popularität weniger auf den Inhalten seiner Bilder als auf seinem malerischen und grafischen Können. So stehen und standen seine Werke immer im Dilemma zwischen Popularität und den kritischen Stimmen der Kunstkritiker, zwischen Ehrungen und dem Vorwurf mangelnder Ent-wicklung, zwischen den vielen öffentlichen Aufträgen und der mangelnden Präsenz in Museen, zwischen Verehrung und der Ächtung nach dem Zweiten Weltkrieg.
Literatur:
http://www.hans-erni.ch/Biografie/biografie.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Erni
http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4000298
John Matheson. Hans Erni gestaltend. ABC Verlag Zürich 1996
Hans Erni Haus. Verkehrshaus der Schweiz Luzern
Marco Obrist. Fondation Pierre Gianadda. Hans Erni, Rétrospective. 28. Novembre 1998 bis 28. Février 1999, p. 85ff